[Titelfragment 1.1] [Titelfragment 1.2] Titelfragment 1.3]
[Titelfragment 2.1] [Titelfragment 2.2] [Titelfragment 2.3]
[Titelfragment 3.1] [Titelfragment 3.2] [Titelfragment 3.3]



München - mal anders (III)

Sie, liebe Leserinnen und Leser, wissen bereits, wie vielfältig und spannend mikroskopische Lebewesen selbst für uns Multimillionenzellklötze sein können. Nicht jeder hat das Glück, von Eltern oder Lehrern auf die bizarren Parallelwelten hingewiesen zu werden. Es gibt jedoch Momente, in denen sich die Welten auch ohne großartige Pädagogik von alleine begegnen: wenn zum Beispiel ein, naturgemäß noch zur Nahsicht fähiges, Kind zwischen den unvermeidlichen Zigarettenstummeln auf dem städtischen Straßenpflaster winzige, knallrote Milben wahrnimmt - weil deren Farbe maximal auffällt und sich die roten Punkte ameisengleich über das Pflaster bewegen. Klein, aber eben doch kein Staubwurm. An diese kindliche Erfahrung dachten wir, als wir in den Proben vom Münchner Pflasterritzenmoos auf die roten Milben stießen:


[ Münchner Pflasterritzenmoos-Bewohner: rote Milbe ]

Rote Milbe aus dem Münchner Pflasterritzenmoos. Körperlänge ca. 0,5 mm. Kommt mit zeitweiligen Überflutungen gut zurecht. Ach ja, und bevor einschlägige Mails kommen: Bärtierchen scheint sie im Normalfall nicht zu fressen.


Weitere, besonders auffällige und attraktive Bestandteile unserer Pflasterritzenmoosproben sind übrigens die folgend abgebildeten grünen Zellverbände, von denen wir - in Ermangelung ernsthaften Moos-Wissens - annehmen, daß es sich um Moosvorkeime handeln dürfte. Diese können dank ihres hydrophoben Charakters auch auf kleinen Wasseransammlungen famos schwimmen und sich deshalb gut weiter verbreiten:


[ Münchner Pflasterritzenmoos: mutmaßlicher Moosvorkeim, Auflicht ]

Mutmaßlicher Moosvorkeim. Durchmesser ca. 0,5 mm. Auflicht.


[ Münchner Pflasterritzenmoos: mutmaßlicher Moosvorkeim, Detail, Durchlicht ]

Mutmaßlicher Moosvorkeim. Detailaufnahme im Durchlicht. In den Zellen sind winzige (grüne) Chloroplasten zu sehen.


Die Bärtierchen, und es waren nicht zu wenige, gaben uns jedoch wieder mal Rätsel auf: Wir fanden praktisch ausschließlich die bereits im letzten Journal gezeigten Macrobioten. Darunter viele Greise, wenig Jungtiere und bislang kein einziges Ei.


[ Typisches Bärtierchen aus dem Münchner Pflasterritzenmoos ]

Typisches Bärtierchen aus dem Münchner Pflasterritzenmoos. Körperlänge ca. 300 µm.


[ Typisches Bärtierchen aus dem Münchner Pflasterritzenmoos. Detail, roter Mageninhalt ]

Gleichartig aussehendes Bärtierchen, jedoch mit völlig andersartigem Mageninhalt. Offensichtlich gibt es genug zu fressen und auch genügend Auswahl für unterschiedliche Geschmäcker. Bildbreite ca. 200 µm.


[ Münchner Pflasterritzenmoos: Rücken eines senilen Bärtierchens ]

Seniles Macrobiotus sp. Bärtierchen. Detailaufnahme vom Rücken mit zahlreichen Pigmentflecken.

Besonders die Ausformung der Eifortsätze hätte uns im Hinblick auf die genaue Art (mutmaßlich Macrobiotus hufelandi) weiterhelfen können. Die augenscheinlich äußerst geringe Menge an Eiern steht in merkwürdigem Kontrast zu den zahlreichen Männchen, die lebhaft und fortpflanzungsfähig erscheinen.


[ Typisches Bärtierchen aus dem Münchner Pflasterritzenmoos: Männchen ]

Detailaufnahme: Hoden eines Macrobiotus sp. Männchens aus dem Pflasterritzenmoos mit zahlreichen Spermien. Bildbreite knapp 0,1 mm.

Wir werden nun wohl weiter nach den doch irgendwo heimlich abgelegten Eiern suchen müssen. Bis Ostern ist ja noch ein wenig Zeit ...



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© Text, Fotos und Filme von  Martin Mach