"Size matters!" - auf dem Weg zum Locus typicus von Batillipes mirus (II) Wir Bundesbürger reisen gerne sehr weit, sehr schnell und sehr preiswert.
Sicherlich unterstützen wir auf diese Weise ursächlich verknüpfte
Berufszweige wie den des Kerosinhändlers, Tourismus-Rechtsanwaltes, Lösegeld-Emissärs
und, wenn es ganz schlimm kommt, des Überführungshelfers oder Krisenpsychologen. |
Letztes Wegstück unserer Batillipes mirus-Expedition: Start im Zentrum von Kiel, quasi an der Grenze zwischen Stadt und Meer. Ab hier haben die Strandwanderer und das Meer Vorfahrt! |
Startpunkt zum letzten Wegstück unserer Expedition ist die Bushaltestelle
nordwestlich des Kieler Hauptbahnhofs. Dort hält der Bus 501 (Richtung
Strande) und wir steigen ein. Wo wir hinwollen?
Eigentlich wissen wir es nicht so ganz genau, jedoch kennen wir einige der Haltestellen des
"501" aus der Tardigradenliteratur: Ernst Marcus nennt
in seinem großartigen Artikel über die maritimen Tardigraden gleich
drei Fundorte, die in direkter Nähe der Linie 501 liegen,
bzw. sogar Haltestellen sind: Friedrichsort, Schilksee und Strande. |
Blick von der großen Brücke,
über die der Bus 501 fährt: Mündung des
Nord-Ostsee-Kanals in die Kieler Föhrde.
|
Nach einer knappen dreiviertel Stunde erreichen wir die Endstation Strande und marschieren auf dem komfortablen Fußweg am Föhrde-Ufer entlang weiter in Richtung Norden. Wir sehen kleine Sandstrände und farbenfrohe Strandkörbe. Von den Expeditionsstrapazen zermürbte Mitreisende können hier dank Matjes, äußerst nahrhaften Bratkartoffeln und individuell abgestimmten, reichlich vorrätigen Getränken ein letztes Mal neue Kräfte aufbauen um sich gegen die, ab hier zu befürchtenden Schrecken der freien Natur bestmöglich zu wappnen. |
Kleiner Sandstrand und Strandkörbe an der Nordseite von Strande. |
Am Ufer gegenüber zeichnet sich im Dunst das Laboe-Marine-Denkmal ab: |
Blick über die Kieler Föhrde, etwas nördlich von Strande, auf das Marine-Denkmal von Laboe. |
Allmählich - auch der seniorenfreundlich ausgebaute Fußweg kann es nicht verhindern - verstärken sich die Einflüsse der Natur und des Meeres. Wir kommen an steinigen Buchten vorbei, finden kleine Seesterne und Krebspanzer mit ihrer innen wunderbar himmlisch-blau strahlenden Farbe. Natürlich gibt es am echten Meer - im Gegensatz zu gewissen kommerziellen Kunstwelten - auch leicht anrüchige Algen und gelegentlich einen toten Fisch. |
Das Meer wird nun sehr präsent - selbst in der Brutalität noch ästhetisch. |
Wir nehmen Sandproben vom Uferbereich, befüllen unsere
Filmdosen jeweils etwa 3 cm bis 4 cm hoch mit nassem Sand und überschichten mit
mindestens 1 cm hoch Wasser. Achtung: keine potentiell verwesenden
größeren Tiere und auch keine Algen einpacken! Und dann: Klips und zu.
Ab jetzt dürfen wir allerdings nicht vergessen, auf moderate Temperaturen
(max. 20°C) zu achten, sonst geht etwaigen Bärtierchen in der Filmdose
schnell die Luft aus. |
Entnahmeort der Probe II
bei N54 26.965 E010 11.653
|
Um das Umfeld der Probe II im Luftbild zu studieren, gehen Sie einfach vor wie folgt: -- Rufen Sie Google Maps auf (in Google den Suchbegriff "Maps" eingeben,
erstem Link folgen)
|
Entnahmeort der Probe II bei N54 26.965 E010 11.653, Detail |
Zur Erinnerung: Wir sind auf der Suche nach dem legendären Urvater aller Batillipes-Arten: Batillipes mirus, zu Deutsch "Schaufelfuß, wunderbarer", den der Entdecker Ferdinand Richters wie folgt ablichtete und publizierte: |
Maritimes Bärtierchen Batillipes mirus
vom Stoller Grund an der Kieler Föhrde. Originalaufnahme von
Prof. Ferdinand Richters. Die Saugfüße sind ein Charakteristikum
des Genus Batillipes. Artmerkmal von Batillipes mirus
ist unter anderem der auch auf dem Foto sichtbare, spitze Schwanzfortsatz (auf Position 3 Uhr im Foto).
Ferdinand Richters hatte leider nur mit Formalin fixierte Bärtierchen zur Verfügung.
Die gezeigte Aufnahme war deshalb sicherlich nicht einfach anzufertigen und mußte,
wie erkennbar ist, zur Verdeutlichung der Konturen noch nachretuschiert werden.
Trotz allem "Satz und Sieg" für Richters.
|
Gefunden haben wir vor Ort zunächst nichts, trotz unseres schönen Reise-Stereomikroskopes. Aber zuhause ... mehr darüber im nächsten Journal. |
Literatur
|
© Text und Fotos von Martin Mach |