[Titelfragment 1.1] [Titelfragment 1.2] Titelfragment 1.3]
[Titelfragment 2.1] [Titelfragment 2.2] [Titelfragment 2.3]
[Titelfragment 3.1] [Titelfragment 3.2] [Titelfragment 3.3]



München - mal anders (I)

Den werten Leserinnen und Lesern wird sicherlich nicht entgangen sein, dass das Bärtierchen-Journal keine lupenreine biologische Publikation ist. Natürlich geht es hier zunächst, vordergründig, um die real existierenden Bärtierchen. Aber ebenso, und nicht zuletzt, interessieren wir uns für die Menschen und für ihre Reaktionen auf die bizarre Parallelwelt der Bärtierchen. Wir sondieren quasi die Seelenspiegelungen zwischen zwei Welten. Und wir wollen illustrieren, was uns Menschen an den Bärtierchen interessiert, wie wir sie vermeintlich wissenschaftlich betrachten und was wir im Extremfall - gelegentlich augenzwinkernd - in sie hineininterpretieren. Selbst der Vorwurf des gestrengen Wissenschaftlers, man möge die Bärtierchen doch um Himmels Willen nicht vermenschlichen, sagt - wiederum Dank des Bärtierchens - Vieles über die kritisierende Person aus, übrigens auch nicht weniger als das gleichfalls stark emotionale "I love them" oder die vermeintlich streng rational angelegte Frage "Wozu genau sind diese Tiere denn nun eigentlich gut?".

In diesem und den folgenden Journalen gilt unsere Aufmerksamkeit dem städtischen Lebensraum. Wir präsentieren eine Art alternativen München-Führer, wobei wir - Sie werden es schon ahnen - ziemlich vermenschlichend die Perspektive der Bärtierchen einzunehmen versuchen. Das geht so:



[ "Bärtierchen-Sichtweise" 1 ]

Für einen Menschen eindeutig ein relativ tiefer Standort - gleichzeitig jedoch für ein im Pflasterritzenmoos lebendes Bärtierchen ein wirklich hoher Standort. Blick auf das Straßenpflaster an der Grillparzerstraße. Nächste Bärtierchensiedlung (links) bei Regen vielleicht noch erreichbar. Eine Müllkippe (menschliche Zigarrettenkippe) stört die freie Sicht zum betonischen Neubau an der Einsteinstraße.


[ "Bärtierchen-Sichtweise" 2 ]

Die frischen Kaugummis gilt es beim Überqueren freier Pflasterstrecken zu vermeiden. Nur allzu leicht bleibt eines der 8 Beine in der zähen Masse kleben und es gibt kein Fortkommen mehr. Sehr viel sicherer ist übrigens ohnehin der Weg entlang der vertieften Ritzen, die sich in München wie endlose Schützengräben anneinanderreihen:


[ "Bärtierchen-Sichtweise" 3 ]

Immerhin besteht Gewißheit, daß die Sonne den klebrigen Kaugummi-Sumpf langfristig in den sattsam bekannten, kompakten schwarzen Zement verwandelt, den ein Bärtierchen bei Regen gefahrlos überqueren kann.


[ "Bärtierchen-Sichtweise" 4 ]

Gelegentlich kann man an einer etwas breiteren Moos-Oase haltmachen. Auch hier ist allerdings festzustellen, daß anscheinend so ziemlich jeder Münchner in jeder Phase seines Lebens irgendetwas Häßliches oder vermeintliches Überflüssiges auf dem Pflaster verliert oder deponiert, von den Hinterlassenschaften der menscheigenen Hunde ganz zu schweigen (keine Sorge: auf ein anschaulich illustrierendes Bild in der Untersicht soll hier verzichtet werden).


[ "Bärtierchen-Sichtweise" 5 ]

Im Übrigen werden diese Menschen in ihrem Verhalten immer ein Rätsel bleiben. Man beachte die hier gezeigte, sicherlich von einem Menschen neu angelegte Deponie an der Versailler Straße. Das schon etwas ältere Bärtierchen "Max" von der Maxbrücke (vgl. die älteren Journale zur Isarrenaturierung) meint, daß diese Müllkippe etwas mit gelegentlichen lauten Geräuschen von Seiten der Menschen zu tun haben dürfte, die jeweils im zeitlichen Abstand von vier Jahren auftreten.


[ "Bärtierchen-Sichtweise" 6 ]

Angesichts dieses polychromen Gepappes wird sich jedermann liebend gerne in seine betonierte Vorstadt in grüner Umgebung zurückziehen.


[ "Bärtierchen-Sichtweise" 7 ]

Sehr viel begehrter sind natürlich die Wohnlagen in vorteilhafter Eisenumgebung: Man kommt regelmäßig in den Genuß von frischem Kondenswasser und profitiert während der Sommerabende von einer angenehmen Wärme, wie sie ansonsten wohl nur in der Toskana fühlbar ist.


Nachdem Sie nun die Stimmen der Bewohner vernommen haben, werden Sie sich bestimmt auf die kommenden Portraitfotos in den nächsten Ausgaben des Journals freuen!


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© Text, Fotos und Filme von  Martin Mach