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Trittbrettfahrer und Autofresser?

Wir wissen nicht, welche Umstände die Fahrerin oder den Fahrer des blauen Autos im Bild unten derart lange am Fahren gehindert haben und hoffen, dass es eine harmlose Erklärung für die offensichtliche Nichtnutzung gibt.

Das Foto steht hier nur symbolisch für das komplizierte Verhältnis zwischen Mensch und Natur. Die erste Assoziation mag positiv sein: "Die Natur erobert sich die Stadt zurück, mehr Grün, prima!". Es könnte aber auch gut sein, dass mancher von uns denkt: "Wenn wir nicht ständig dagegen anarbeiten, greift diese aggressive Natur doch gleich nach unserem Besitz, und später mal sowieso nach unserem Leben - wo war doch gleich nochmal mein Moos-Ex im Keller?".


[ Natur vs. Auto ]

Das Grün in der Stadt weiß seine Chancen zu nutzen. Die hier entstehende Grünfläche hat sicherlich keine großartige Zukunftsperspektive. Gerade deshalb illustriert sie die Dynamik und unbeirrbare Beharrenszähigkeit des Lebens.


Haben Sie sich schon mal gefragt, wieviele Bärtierchen gerade in diesem Moment auf ihrem Auto sitzen und womöglich daran knabbern?
Wir selbst benutzen unser Auto selten und waschen es auch nicht allzuoft. Neulich haben wir dann tatsächlich am Auto zwischen Mittelholm und Fensterscheibe ein kleines Moospolster entdeckt:


[ Moos im Scheibenzwickel ]

Kleines Moospolster am Auto, zwischen Mittelholm und Fensterscheibe, siehe Pfeil.


Aus der Nähe betrachtet sah es ganz normal aus und hätte andernorts mit ziemlicher Sicherheit als Wohnort für eine kleine Bärtierchenpopulation dienen können.


[ Moos vom Scheibenzwickel ]

Das selbe Moos wie oben, aus der Nähe betrachtet.


Leider fanden wir jedoch in dieser Probe keine Bärtierchen, lediglich ein paar Nematoden und Rädertierchen. Aber, einmal aufmerksam geworden, bemerkten wir nun gelegentlich auch an anderen Automobilen einen mehr oder weniger deutlich ausgeprägten Moosbewuchs.


[ Reifenhaube ]

Moosbewuchs auf der Reifenabdeckung eines Nutzfahrzeugs.


[ Reifenhaube, Nahaufnahme ]

Moosbewuchs auf der Reifenabdeckung eines Nutzfahrzeugs. Aus der Nähe betrachtet: reichlich Stoff.

Sollten wir womöglich - ein Eigentumsdelikt begehen, in Deutschland, noch dazu an einem Auto, und ... ? Erfreulicherweise lag jedoch direkt unter der Schutzhülle etwas Moos, das offensichtlich abgefallen war, so dass wir die Situation völlig legal untersuchen konnten.
Die Auswerteprozedur wird Ihnen als treuen Leserinnen und Lesern des Journals wohl bekannt sein. Durch einfaches Wässern entsteht aus einem staubigen, vertrockneten dunklen Moospolster ....


[ Moos, wohl von Reifenhaube ]

Moosprobe, von der Straße, direkt unterhalb der Reifenhaube, offensichtlich abgefallen.


... eine offenkundig lebendige Pflanze in sattem Grün.


[ Wasser wirkt Wunder ]

Moospolster von der Reifenhaube, nach dem Wässern.


Diesmal wurden wir fündig. Das früher auch im Münchner Herbstlaub festgestellte Bärtierchen  Ramazzottius oberhaeuseri  ist nicht allzu wählerisch und kommt offensichtlich mit den, wohl weniger attraktiven, Lebensbedingungen auf einer abwechselnd nassen, manchmal staubig-trockenen und gelegentlich besonnten Plastik-Reifenhaube bestens zurecht, wovon auch die Jungtiere zeugen, welche wir in der Probe reichlich vorfanden.


[ Ramazzottius oberhaeuseri, Jungtier ]

Ramazzottius oberhaeuseri-Bärtierchen. Jungtier, Stadtbewohner in München,
Lebensraum: Reifenhaube. Körperlänge: knapp 0,2 mm.


Zur Erinnerung, aber auch für alle neu hinzugekommenen Leserinnen und Leser finden Sie untenstehend eine Detailaufnahme eines erwachsenen Tieres von der Reifenhaube, auf der Sie die charakteristischen Ramazzottiuskrallen erkennen können.


[ Ramazzottius oberhaeuseri, Detail ]

Detailaufnahme eines Ramazzottius oberhaeuseri-Bärtierchens, von einer Reifenhaube in München. Erwachsenes Tier, Körperlänge ca. 0,3 mm.


Für die leidenschaftlichen Automobilisten unter uns sei abschließend angemerkt, dass nach unserer Einschätzung bereits ein halbstündlicher Waschrhythmus ausreichen könnte, um Ihr rollendes Juwel vor dem allseits drohenden Bärtierchenfraß zu schützen. Auf in die Waschanlage!


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© Text, Fotos und Filme von  Martin Mach