[Titelfragment 1.1] [Titelfragment 1.2] Titelfragment 1.3]
[Titelfragment 2.1] [Titelfragment 2.2] [Titelfragment 2.3]
[Titelfragment 3.1] [Titelfragment 3.2] [Titelfragment 3.3]


Bärtierchen: das große Fressen bzw. das Fressen der Großen (II)

Wie bereits im letzten Journal berichtet, hatten wir in abgestürztem Baummoos eine Wohngemeinschaft von Macrobiotus richtersi gefunden. Man könnte nun befürchten, dass derartige Monokulturen in etwa so interessant sein dürften wie ein typischer teutonischer Fichtenwald. Die Monokulturen haben jedoch den Vorteil, dass alle dort beobachteten Eigenschaften und Verhaltenweisen einer einzigen Bärtierchenart zugeordnet werden können, demnach artspezifisch sind.


[  ]

Abb. 1: Von Vögeln abgerupftes, kopfüber auf dem Boden gelandetes Moospolster, besiedelt von Macrobiotus richtersi.

Bilder von Macrobiotus richtersi hatten wir hier bislang eher vermieden, vielleicht weil diese Art gewissen, unausrottbaren Vorteilen gegenüber dem Stamm der Bärtierchen perfekt zu entsprechen scheint: Bösen Zungen zufolge seien nämlich alle Bärtierchen wurmförmig, definitiv wurmförmig!
Genausogut könnte man natürlich behaupten, dass alle Vertreter des Homo sapiens aufgedunsene Sackleiber mit tendenziell rechtsradikaler Gesinnung seien. Trotzdem lässt sich nicht leugnen, dass Macrobiotus richtersi dem Mikroskopiker in erster Linie einen länglichen, wenig gegliederten Rumpf zeigt, mit wenig Farbe, wenig Bein und wenig weiteren visuell ergiebigen Merkmalen:


[  ]

Abb. 2: Macrobiotus richtersi in der Totalansicht. Wenn man hier nicht stark plättend einwirkt (was uns unfein erschiene!) gibt diese Art ihre anatomische Morphologie nur ausgesprochen zögerlich Preis.

[  ]

Abb. 3: Vorderleib von Macrobiotus richtersi mit den artspezifischen Makroplakoiden im kugeligen Schlundkopf (jeweils drei in etwa gleichartige, separate Makroplakoide in einer Spalte untereinander). Immerhin lässt sich hier der Weg der Nahrung andeutungsweise erkennen: Mundöffnung (dichtend ansetzbarer "Kussmund") > Mundröhre > muskelfaserbewehrter Mundapparat mit stiftförmigen Makroplakoiden (eine Art Saugpumpe) > feiner, röhrenförmiger Übergang zum > großen, sackförmigen Verdauungsbereich.

[  ]

Abb. 4: Winzige Krallen am letzten Beinpaar von Macrobiotus richtersi (Krallen vom Macrobiotus-Typ).

[  ]

Abb. 5: Ei des Macrobiotus richtersi mit den artspezifischen, sich nach außen hin rundkonisch verjüngenden Fortsätzen. Gesamtdurchmesser ca. 125 µm.

[  ]

Abb. 6: Ei des Macrobiotus richtersi bei starkem Durchlicht. Man beachte die Oberflächenfelderung zwischen den konischen Fortsätzen.

Nachdem sich das Aussehen von Macrobiotus richtersi vermutlich ohnehin nachteilig auf unsere Zugriffszahlen auswirken wird (das arme Tier kann aber nun wirklich nichts dafür!) können wir noch einen Schritt weitergehen und im nächsten Journal auf seine, aus der Menschperspektive äußerst unvorteilhaften Essmanieren eingehen.


Weiterführende Literatur
Ian M. Kinchin: The Biology of Tardigrades. S. 126-127. London 1994.
[Anmerkung: mit einem tabellarischen Vergleich der Macrobiotus-Spezies M. areolatus, M. hufelandi und M. richtersi sowie einer bildlichen Gegenüberstellung der markant unterschiedlichen Eier]


Hauptseite



© Text, Fotos und Filme von  Martin Mach