[Titelfragment 1.1] [Titelfragment 1.2] Titelfragment 1.3]
[Titelfragment 2.1] [Titelfragment 2.2] [Titelfragment 2.3]
[Titelfragment 3.1] [Titelfragment 3.2] [Titelfragment 3.3]



Das MBS-10 Stereomikroskop (III)

In den letzten Journalen haben wir die unbestreitbaren Stärken, aber auch einige Schwächen und typische Fehlerquellen des russischen MBS-10 Stereomikroskopes dargestellt und hierbei - hoffentlich - eine Reihe tragischer Mißverständnisse klären können.

Praktisch jeder Mikroskopie-Amateur will allerdings heute an seinem Gerät nicht lediglich beobachten, sondern selbstverständlich auch fotografieren, und zwar ohne großartiges Gebastel.

Alte Hasen wissen aus den vergangenen Jahrzehnten zu berichten, daß gerade die Analog-, aber auch die Digitalkamera-Adaption an Mikroskope alles andere als schmerzfrei war. Man konnte hier schnell viel Geld in den Sand setzen. Auch ging es meist nicht so ganz ohne Drehmaschine und Feinmechaniker (für die mechanische Anpassung der Kamera). Wenn dann allerdings auch nur ein einziges Glied in der mechanischen und optischen Adaptionskette nicht so ganz optimal war, ging die Bildqualität recht schnell gegen Null. Ganz zu schweigen von den frühen Digitalkameras, die unter Umständen nicht mit jedem Licht zurecht kamen, keinen ernsthaften Monitor hatten, sich nicht per Fernauslöser bedienen ließen, stark rauschten usw. - von den Schwierigkeiten mit sogenannten USB-Okularkameras, sowie deren Staub- und Filterproblemen gar nicht zu reden.

Wir haben uns für ein Sony Nex-5 Gehäuse entschieden, weil dieses vergleichsweise preiswert zu haben war und weil praktisch alle unsere alten Pentax-Objektive, vom extremen Tele bis hin zu den Weitwinkeln und Makroobjektiven an diesem Gehäuse mit Hilfe eines Adapters nutzbar sind.

Nicht zuletzt halten wir große Stücke auf den hoch auflösenden Nex-Monitor, dessen Sucherlupe eine präzise Scharfstellung auf jedes Bärtierchen erlaubt. Die horrenden Summen für die Sony-Objektive hat uns übrigens der interne Kosten-Controller nicht genehmigt, und das ist so auch ganz in Ordnung.

Sicherlich werden Sie auch mit anderen Kameras und anderen Adaptionen am MBS-10 zu brauchbaren Bildergebnissen kommen können. Trotzdem wollen wir Ihnen unsere Adaption als einen erwiesenermaßen gangbaren Weg hier kurz vorstellen:


[ das MBS-10 Stereomikroskop mit Fotoadapter und Sony Nex-5 Kamera ]

1  MBS-10 Fotoadapter, Korpus mit reichlich mechanischen und optischen Bauteilen (s.u.)
2  MBS-10 Fotoadapter-Tubusrohr, nur ein Rohr, ohne Optik (hoffentlich mitgeliefert)
3  MBS-10 Fotoadapter-Parfokalitäts-Kontermutter, M42 Gewinde (hoffentlich mitgeliefert)
4  Adapter M42 auf Pentax K Bajonett (rein mechanischer Gewindeadapter, ohne Optik), Ebay
5  Adapter von Pentax K Bajonett auf Sony Bajonett (ebenfalls nur ein Gewindeadapter), Ebay
6  Sony Nex-5 Kamera-Gehäuse

Der MBS-10 Fotoadapter wird im Internet, nicht völlig zu Unrecht, mit einer gehörigen Portion Mißtrauen bedacht. Im Falle von analogen Spiegelreflex-Kameras waren tatsächlich bei einigen Objektivrevolvereinstellungen heftige Abschattungen zu beklagen. Die meist etwas kleineren CCD Chips der digitalen Systemkameras erfassen jedoch ein kleineres Bildfeld, haben dementsprechend geringere Abschattungsprobleme. In der hier von uns gezeigten Adaption funktionieren alle Objektiv-Vergrößerungen zwischen 1x und 7x vignettierungsfrei, lediglich in Schaltwalzenstellung 0,6x gibt es eine Abschattung - die allerdings immer noch derart heftig ausfällt, daß nur knapp zwei Drittel der Bildbreite nutzbar sind.

Die folgende Abbildung zeigt den kompletten Fototeil, wie er mit Hilfe von zwei Schwalbenschwanzhalterungen zwischen Objektiv und Stereokopf des MBS-10 eingefügt wird.


[ MBS-10 Fotoadapterlösung für Sony Nex Kameras ]

Mehr braucht es nicht: Adaption einer Sony Nex-5 Kamera an das MBS-10. Der schmale Hebel links außen am Adapterkorpus dient zum Ein- und Ausschwenken der Strahlenteiler- und Umlenkoptik.

Noch ein paar Worte zu den Eigenschaften des Adapters selbst: Durch den, oben im Bild gezeigten, schmalen Schalthebel links am Korpus des Fotoadapters wird eine aufwendige Strahlenteiler- und Umlenkoptik in den Strahlengang eingeschwenkt. Diese Lösung erlaubt gleichzeitiges Beobachten und Fotografieren.

Die gute Nachricht: wenn alles richtig eingestellt ist, sind Sie sozusagen der Optik-Superman. Nur noch "Klick" und das optimale Riesen-Bild ist im Kasten.
Die schlechte Nachricht: wenn an diesem mechanischen Wunderwerk etwas verstellt oder verbastelt ist, müssen Sie sich mit dem Strahlengang auseinandersetzen und selbst optimierend eingreifen, was nicht jedermanns Sache ist.

Gelegentlich wird außerdem im Internet zu Recht eine deutlich farbverfälschende Wirkung der Umlenkoptik beklagt. Dies ist aber unseres Erachtens mit Hilfe des manuellen Kamera-Weißabgleichs befriedigend zu lösen.


[ das MBS-10 Fotoadapterlösung ]

Darstellung der Funktionsweise 1: Fotoadapter ausgeschaltet.
Für Puristen, die komplette Fotoadapteroptik bleibt ausgeklammert.

[ das MBS-10 Fotoadapterlösung ]

Darstellung der Funktionsweise 2: Fotoadapter eingeschaltet. Gleichzeitiges Beobachten und Fotografieren möglich. Das mikroskopische Bild wird hierfür ausschließlich über den rechten "Optikkubus" Richtung Fototubusrohr umgelenkt, passiert zunächst noch eine Linse, und wird anschließend um 90° nach oben umgelenkt.

Und hier folgt, wie gewohnt, unser Bärtierchen-Anwendungsbeispiel. Es mag ja ganz schön sein, so einen 10 € Schein zu fotografieren. Ultimative Praxisherausforderung, auch für das MBS-10, sind jedoch natürlich unsere Meeres-Bärtierchen. Und wohlgemerkt nicht als Idealpräparate, sondern direkt im Mikroaquarium oder in der Petrischale, mit viel Wasser und einem realistischen Quäntchen "Oberflächennebel" (Detritus-Reflexe). Damit Sie Ihre eigenen Fundchancen vielleicht noch ein wenig steigern können, finden Sie im Folgenden ein realistisches Standbild - wie ein Halechiniscus-Meerestardigrade im MBS-10 Stereomikroskop ausschaut. Das große, zentrale Sandkorn ist etwa 2 mm lang.


[ Meerestardigraden im Stereomikroskop ]

Zwei Sandkörnchen mit Halechiniscus-Meerestardigraden. Der rote Pfeil markiert ein ca. 0,1 mm langes Bärtierchen (winziger brauner Punkt!), das sich auf weißem Sandkorn-Untergrund nur durch die Farbe seines Mageninhaltes verrät. MBS-10 Stereomikroskop, Objektiv 2x, Sony Nex-5, Gesamtbildbreite ca. 1 cm.

Erst bei wesentlich stärkerer Vergrößerung und mit Unterstützung durch Animation (unten) werden die Verhältnisse klarer: Auf dem linken Sandkorn streckt sich ein Bärtierchen aus, sucht nach einem angrenzenden Sandkorn. Auf dem rechten Korn verwandelt sich der oben gezeigte braune Punkt nun in ein, wenn auch sehr kleines, lebendiges Wesen. Hier wird eindrucksvoll deutlich, wie stark sich Draufsicht (mitten auf dem Sandkorn) und die Frontalansicht des selben Tiers (am Rand des Sandkorns) unterscheiden.


[ Meerestardigraden im Stereomikroskop ]

Kombination von 5 Stereomikroskop-Fotos zu einem animierten Bild. Aufnahmebedingungen wie oben, jedoch um Faktor 3x vergrößerte Detailausschnitte.

Es ist nun allerdings ziemlich egal, ob Ihr Stereomikroskop 200 € oder 20.000 € gekostet hat. Die gezeigte Situation ist gut geeignet, um die Grenzlinie zwischen Stereomikroskop (Präpariermikroskop) und "richtigem" Mikroskop zu verdeutlichen. Das Stereomikroskop ist eine große Hilfe beim Auffinden der Bärtierchen. Wenn es jedoch um feinste Details geht, erweist sich sogar das einfachste Kursmikroskop mit klassischem 10er Objektiv als haushoch überlegen. Die Grenzen sind physikalisch, nicht herstellungstechnisch und schon gar nicht preislich bedingt. Das Stereomikroskop hat eine Numerische Apertur zwischen etwa 0,08 und 0,12, das klassische Mikroskop schon beim 10er Objektiv eine dramatisch höhere Numerische Apertur zwischen 0,25 und 0,30. Dementsprechend liefert das Stereomikroskop eine Auflösung von maximal
2-3 µm (es stellt ein 60 µm langes Bärtierchen demnach bestenfalls durch 20 bis 30 Pixel dar), während das klassische Lichtmikroskop schon mit dem 10er Objektiv locker 1 µm aufzulösen vermag (120 Pixel und mehr beim genannten Bärtierchen). Wir brauchen deshalb immer beides: das Stereomikroskop zum Finden, das klassische Mikroskop für die Details.


Hauptseite



© Text, Fotos und Filme von  Martin Mach