Diesmal wollen wir der Frage nachgehen, wie man ein Ei fotografiert -
natürlich kein Hühnerei, sondern ein Bärtierchenei.
Kugelige und eiförmige Objekte haben neben der meist unzureichenden
Transparenz einen weiteren, gravierenden Nachteil: Sie können im
Lichtmikroskop, vor allem bei stärkerer Vergrößerung,
wegen der beschränkten Schärfentiefe nur noch "scheibchenweise"
scharfgestellt, betrachtet und fotografiert werden. Das ist natürlich gerade für uns
bedauerlich: Viele Bärtiercheneier beeindrucken als wahre Wunderwerke der Symmetrie.
Sie zählen - ähnlich wie die wesentlich bekannteren, spektakulären
Diatomeen
und Radiolarien -
zu den wohl faszinierendsten Formen der lebendigen Mikrowelt, welche man gerne fotografieren und
weiterzeigen möchte (es soll ja immer noch Leute geben, die glauben, daß
die Mikrowelt ihres Gartens nur aus Amöben und Pantoffeltierchen besteht).
Die Oktoberausgabe des Bärtierchen-Journals
vom letzten Jahr vermittelt einen Eindruck von der Formenvielfalt der Bärtiercheneier.
Der grübelnde Praktiker holt nun seinen "Gerlach" oder ein anderes, solides
Lehrbuch der Lichtmikroskopie aus dem Regal und wirft einen Blick auf die
Kurvenscharen, welche die am Mikroskop erreichbare Schärfentiefe in
Abhängigkeit von den Objektiveigenschaften und der Gesamtvergrößerung
darstellen. Gehen wir mal von einem 40fach vergrößernden Mikroskopobjektiv
mit einer numerischen Apertur von 0,65 aus: Die Bärtierchen-Eier haben
typische Durchmesser zwischen 40 und 100 µm. Schon ein 4 cm
kleines Abbild ist gegenüber dem 40 µm großen Ei um den
Faktor 1000 vergrößert.
Die Kurven im "Gerlach" geben für die genannte Apertur bei 1000facher
Vergrößerung als Schärfentiefe einen Wert von nur 2 (!) µm,
d.h. zwei Tausendstel Millimeter an. Das ist furchtbar wenig. Wenn wir
auch nur die obere Halbschale eines kleinen Eies durchgehend scharf abbilden wollen,
benötigen wir bereits eine Schärfentiefe von 20 µm, d.h.
10 mal mehr als laut Lehrbuch bei unseren Randbedingungen zur
Verfügung steht.
Wir könnten uns natürlich auch auf eine Serie separater Fotos
beschränken, welche entweder nur die uns zugewandte, oberste Partie des Eies
oder aber seine Silhouette (die Schärfeebene maximalen Durchmessers) abbilden.
Der umgebende Rest des Objekts wird immer in völliger Unschärfe versinken:
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