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Unsere Taxonomie-Serie - in Kooperation mit Dr. Rolf Schuster**
Folge #2: Minibiotus intermedius



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Abb. 1: Totalportrait eines Minibiotus intermedius. Hellfeld. Alle in diese Folge gezeigten Mikrofotos zeigen Dauerpäparate aus der Sammlung von Dr. Rolf Schuster.

Minibiotus intermedius wurde erstmals von dem Zoologen und Sozialdarwinisten Ludwig Plate [Wikipedia] 1888 beschrieben. Die von ihm untersuchten Exemplare stammten aus Chile und aus der Umgebung von Marburg, wo er sich habilitierte.

Plate war der Ansicht, dass Macrobiotus intermedius (so wurde das neu entdeckte Tier ursprünglich genannt) in seinen Merkmalen zwischen Macrobiotus hufelandii und Macrobiotus oberhäuseri (heute Ramazzottius oberhaeuseri genannt) stünde, daher der Beiname intermedius. Minibiotus intermedius wurde 1980 aus der Gruppe Macrobiotus in die Gruppe Minibiotus überführt.

Bei der Erstbeschreibung von Tieren (und Pflanzen) muss eine genaue Beschreibung der Merkmale erfolgen, die für diese Art charakteristisch ist und dies auch mit bspw. Photos dokumentiert werden. Bei Tardigraden werden einzelne Tierchen in Dauerpräparate überführt. Diese dienen dann Forschern als Referenz. Im Falle von Minibiotus intermedius ist das ursprüngliche Material verloren gegangen. Deshalb haben Kaczmarek et al. (2022) die Art noch einmal beschrieben mit. Die weiteren folgenden Angaben zu Minibiotus intermedius beruhen auf der Monographie von [Dastych 1988] - siehe Literatur unten.

Minibiotus intermedius (Länge 124 bis 266 µm) besitzt eine glatte, weiße Kutikula mit manchmal braunem Pigment und auffällig große Augen. Der rundliche Schlundkopf zeigt Dreierreihen von kleinen, rundlichen Makroplakoiden und ausgesprochen winzige Mikroplakoide (Abb. 2 und Abb. 3).


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Abb. 2: Vergrößertes Detail aus Abb. 1. Zu sehen sind ein, in erster Näherung kugelförmiger, leicht oval erscheinender Kaumagen mit zahlreichen, sehr feinen, radial angeordneten Muskelfasern, sowie die jeweils in Dreierreihe angeordneten, erbsenförmigen Makroplakoide. Links an die Makroplakoide anschließend sind die winzigen, sogenannten Mikroplakoide, gerade noch erkennbar.

Für eine optimale Detailauflösung des Kaumagens mussten wir bei maximalen Objektivaperturen arbeiten, das Weißlicht der Mikroskopbeleuchtung filtern und anschließend, nach S/W-Konvertierung des Bildes, noch ein wenig am Kontrast feilen. Auf diese Weise geben sich die Makroplakoide noch klarer als separate anatomische Elemente zu erkennen:


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Abb. 3: Aufnahme wie in Abb. 1 und 2, jedoch mit Hilfe eines strikten Grünfilters (und zusätzliche S/W-Konvertierung) noch etwas klarer aufgelöst. Man beachte auch die, bei dieser Art besonders großen, Augenflecke.

Die starre Mundröhre erscheint in der Draufsicht gerade und in der Seitenansicht (Abb. 4) gekrümmt.


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Abb. 4: In der Seitenansicht wird erkennbar, dass die Mundröhre sich bauchseitig, zur Mundöffnung hin, stark einkrümmt.

Die Klauen sind sehr klein (Abb. 5 und Abb. 6), zeigen im Lichtmikroskop nur bei höchster Auflösung (mittels Ölimmersion und Schräglicht) etwas mehr Detail.


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Abb. 5: Nahaufnahme eines Vorderbein-Krallenpaars. Außen- und Innenkralle sind - wie alle Krallen bei Minibiotus intermedius - in etwa gleich groß.

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Abb. 6: Viertes Beinpaar von Minibiotus intermedius, ventrale Perspektive. Am im Bild rechten Bein ist die arttypische, symmetrische Gleichartigkeit der verhältnismäßig kleinen Krallen zu erkennen. Die Kralle links außen ist um ca. 90° verdreht, demonstriert somit das, je nach Orientierung unter dem Mikroskop unterschiedliche Aussehen derartiger Krallen.

Die Eier sind mit sogenannten Ausschüssen versehen und werden frei abgelegt. Minibiotus intermedius findet man häufig, zumeist in Boden- und Rindenmoosen.



Anmerkungen und Literatur

(*) Der Bärtierchenspezialist, Partner und Co-Autor dieser Taxonomie-Serie, Dr. Rolf Schuster, berät Sie gerne bei tiefer schürfenden taxonomischen Fragestellungen und bei der Bestimmung der von Ihnen gefundenen Bärtierchen. Schreiben Sie einfach eine Mail an Rolf Schuster !

(*) Ab sofort gibt es einen, quasi mitwachsenden Bärtierchen-Bestimmungsschlüssel aus der Hand von Dr. Rolf Schuster: Hier geht es zum aktuellen Schlüssel !

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Hieronim Dastych, The Tardigrada of Poland. Monografie Fauny Polski 16, 1-255. 1988.

Hartmut Greven, Die Bärtierchen. Wittenberg Lutherstadt 1980.

Kaczmarek, L.; Kayastha, P.; Roszkowska, M.; Gawlak, M.; Mioduchowska, M. Integrative Redescription of the Minibiotus intermedius (Plate, 1888) — The Type Species of the Genus Minibiotus R.O. Schuster, 1980. Diversity 2022, 14, 356. https://doi.org/10.3390/d14050356

Ian M. Kinchin, The Biology of Tardigrades. London 1994.

Wikipedia-Eintrag zu Ludwig Plate (Zoologe)



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© Text, Fotos und Filme von  Martin Mach