Das Bärtierchen-Journal
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Kleine Gerätschaften für unterwegs: Handlupen (I)

Schon vor einigen Jahren, genauer gesagt im   Juni 2002   haben wir uns Mikroskope angeschaut, welche für die Betrachtung von Tardigraden an einem häuslichen Arbeitsplatz in hoffentlich friedlicher Umgebung geeignet sind.

Es soll allerdings Menschen geben, übrigens auch unter den Bärtierchenfreunden, welche gerne zusätzlich unterwegs oder im Freien, zum Beispiel am Meeresstrand oder vor einem Baumstumpf niedergekrümmt, die lokale Mikrowelt visuell durchdringen möchten.

Man sollte sich bewußt sein, daß der Einsatz einer eleganten Lupe oder eines Reisemikroskopes vor Ort nicht zuletzt den Status und das Ego des Forschers stärkt, ähnlich wie die Schußwaffe des Jägers oder das Stethoskop des Oberarztes.

Technische Gadgets zählen wohl zu den typischsten Merkmalen der westlichen Kulturen: Der Großmeister der Gadget-Angeber, James Bond, präsentierte zum Beispiel in "Der Spion der mich liebte" (1977) ganz cool einen druckenden Fernschreiber, der in seine Armbanduhr integriert war! - ein Gerät, welches die Miniaturisierung der damals bekanntermaßen riesigen Fernschreiber in geradezu irrwitziger Weise auf die Spitze trieb.
Auch der ansonsten Freiluft meidende Computerfreak arbeitet mit Stolz an seinem neuen Laptop, auf der grünen Wiese oder im Internet-Café.
Zahlende Eltern erstarren angesichts der Auswahl und nicht zuletzt der Handelspreise von feschen MP3-Musikwiedergabegeräten für unterwegs.
Alpinisten greifen, manchmal gleich nach der ersten Gipfelzigarette, zu Miniaturfeldstechern der bekanntermaßen nicht ganz billigen Hersteller Z, L oder S. Auch Digitalkameras im "Hemdtaschenformat" sind durchaus geeignet, uns das letzte Geld aus benachbarten Taschen zu ziehen und den wenigen noch nicht fotografierten Situationen des täglichen Lebens den Garaus zu machen.
Ein Handy liegt nicht nur gut in der Hand, es ist ebenfalls miniaturisiert und deshalb natürlich auch ein  mobile, wie uns die englische Sprache belehrt und damit gleichzeitig unserer leider merklich innovationsschwächeren Muttersprache wieder mal die Nase zeigt.


Wie schon angedeutet, fühlt sich auch der Mikroskopiker ohne sein Reisemikroskop, Kleinmikroskop oder Taschenmikroskop einfach unvollkommen und unglücklich. Antoni van Leeuwenhoek, holländischer Amateurmikroskopiker (1632 - 1723) war, auch in punkto Miniaturisierung und Mobilität seiner Zeit weit voraus und benutzte so viele Taschenmikroskope, daß bis heute umstritten ist, ob er ein überhaupt ein reguläres Arbeitsplatzmikroskop hatte.
Schon lange vor der Erfindung des Handys hatten britische Gentlemen Spazierstöcke mit eingebauten Exkursions-Kleinmikroskopen. Diese werden allerdings heutzutage so teuer gehandelt, daß wir uns nicht einmal trauen, sie hier abzubilden.


Aber nun mal ganz im Ernst: Welche Gerätschaften eignen sich für die Bärtierchenforschung im Urlaub? Klein sollen sie jedenfalls sein. Wie wäre es mit einer Lupe?

Es kann nicht schaden, kurz an das optische Grundprinzip der Lupe zu erinnern. Die Lupe erlaubt es uns, über die Nahsehgrenze hinaus näher an des interessierende Objekt heranzugehen und es auf diese Weise größer zu sehen. Die Lupenvergrößerung ist als Quotient der willkürlich definierten, konventionellen Nahsehweite (25 cm) und des Lupenarbeitsabstandes (der Brennweite, ebenfalls in cm) definiert. Je näher wir mit einer Lupe an das Objekt herangehen können, umso stärker ist deren Vergrößerung:


[ Wirkungsweise der Lupe ]

Vergrößerung durch Annäherung. Die Lupen erlauben uns, den minimalen Akkommodationsabstand des Auges zu unterschreiten.
Die Vergrößung einer Lupe ist definiert als Quotient aus Nahsehgrenze geteilt durch die jeweilige Lupenbrennweite.
Man muß allerdings mit dem Auge unbedingt ganz nahe an die Lupenlinse herangehen, um auch wirklich in den vollen Genuß der optischen Streckenverkürzung und des somit vergrößerten Sehwinkels zu kommen.

Als Beschriftung findet sich auf den Lupen meist eine Zahlenangabe zur Vergrößerung (z.B. 27x, 20x, 15 x, 10x, 8x, 6x) bzw. bei stapelbaren Linsen zur Vergrößerung der Einzellinsen sowie der Gesamtvergrößerung. Danach folgt häufig eine zweite Zahl, welche sich auf den, nicht immer voll nutzbaren, Linsendurchmesser in mm bezieht. Manche Beschriftungen enthalten zusätzlich Herstellername, Herstellerlogo, die Korrektionsklasse (z.B. "Anastigmat") sowie Hinweise auf die Bauart ("Triplet", "Doublet") bzw. die Zahl der Linsen ("Five elements"), das Herstellungsland, den Firmenstandort und diverse andere Informationen (z.B. "hartgoldplattiert"). In wenigen Fällen wird statt der Vergrößerung die Brennweite angegeben (z.B. "f = 3,5 cm"), das klingt dann gleich ein wenig wissenschaftlicher.
Hohe Vergrößerungen bedingen kleine Linsendurchmesser. Eine (im Internet gar nicht so seltene) Beschriftung "30 x 21" hält sich z.B. nicht an diese Konvention, weil bei 30facher Vergrößerung der Linsendurchmesser aus physikalischen Gründen deutlich unter 10 mm liegen müßte. Aber vielleicht bezieht sich die Zahl "30" ja in diesem Fall auf die Gehäuselänge oder die Daumenbreite des Linsenschleifers ...


Die Variationsbreite handelsüblicher Lupen ist ungeheuer, insbesondere wenn man ältere Produkte mit berücksichtigt. Wir zeigen im folgenden eine kleine Auswahl an Bildern und nutzen sie, um die Wesensmerkmale der Lupe ein wenig deutlicher herauszuarbeiten:


[ Lupenvariationen 0 ]

Farbige Lupen mit Kunststoff-Fassungen. Links eine türkise Einschlaglupe aus Taiwan mit drei gleichen Plastiklinsen von jeweils 5facher Vergrößerung (in Kombination also auch 10x bzw. maximal 15x vergrößernd). Länge 6 cm. Schönes Beispiel für modernes Retro-Design (vgl. alte Lupe oben im nächsten Bild!). In der Mitte eine gelbe, 10fach vergrößernde Klapplupe mit fixiertem Arbeitsabstand und skaliertem Meßfenster (Typus des zusammenlegbaren Fadenzählers). Glaslinse, mit Messingring gefaßt. Rechts eine blaue Einschlaglupe "Waltex, Great Wall, Model 7534", aus China mit zwei unterschiedlichen Kunststofflinsen (4x und 6x, d.h. maximal 10fach).


[ Lupenvariationen 1 ]

Oben: sehr alte Einschlaglupe (ab ca. 1880) aus Horn mit drei unterschiedlichen und unterschiedlich kombinierbaren Linsen und Griffschalenbohrungen. Maximalvergrößerung ca. 20 fach, Länge 6 cm. Links vorne im Bild: sehr alter, kleiner Fadenzähler aus Messing, Brennweite 2 cm, d.h. 12,5 fach vergrößernd; in Kleinserientechnik gesägt und handgefeilt, goldfarben lackiert, mit schwarzer Objektfeldbegrenzung. Rechts vorne: winzige, jedoch durchaus funktionsfähige und brauchbare 20x Stiellupe aus Kunststoff (42 mm x 12 mm x 12 mm, zwei separate Glaslinsen mit ca. 8 mm nutzbarer Öffnung).


[ Lupenvariationen 2 ]

Klassische 10fach Lupe, um 1970, verchromt. Design aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg. Optisches System aus zwei separaten Linsen (Doublett), einer plan-konvexen und einer bikonvexen Linse. 50 mm x 30 mm x 22,5 mm. Ein derartiges System wird häufig als Aplanat bezeichnet, weil zwei separate Linsen im Vergleich zu einer (dickeren) Einzellinse die sphärische Aberration besser ausbalancieren können. Freier Durchmesser der Frontlinse 20 mm.


[ Lupenvariationen 3 ]

Üppig dekorierte Cloisonné-Einschlaglupe unbekannten Alters. Bikonvexe Einzellinse mit 30 mm Durchmesser,  6fach vergrößernd. Verhältnismäßig groß (6 cm x 3,5 cm) und schwer (64 g). Schönes Beispiel für eine harmonische Verschmelzung östlicher und westlicher Kulturelemente: überlegene, asiatische Dekorationstechnik mit aufwendiger floraler Randdekoration und detailliert dargestellten Kranichen (rote Hauben, grüne Schnäbel!).
Solide Verarbeitung (sauber gerundete Kanten, gute Vernietung).


[ Lupenvariationen 3b ]

Carl Zeiss Jena Handlupe mit sich leicht konisch nach außen verbreiterndem Handgriff. Gesamtlänge knapp 15 cm. Ausgeprägt asymmetrische, nach oben stark gekrümmte Bikonvex-Einzellinse aus Glas mit 3,5 cm Brennweite, d. h. etwa 7facher Vergrößerung. Linsendurchmesser ca. 32 mm. Vorkriegsmodell aus Kunststoff, Glas und und Metall. Relativ selten anzutreffende Übergangsstufe zwischen der klassischen, schwächer vergrößernden Stiel-Leselupe und den verbreiteteren Einschlaglupen für Mineralogen und Botaniker. Wohnt in einer edlen, innen und außen tiefschwarzen Sargbox, gestützt und umsorgt durch eine paßgenaue Holzaufnahme samt Textilfederung.


[ Lupenvariationen 4 ]

Kleine Zeiss-Einschlaglupe in Kunststoffgehäuse (8fach). Zur Entstehungszeit (30er Jahre) "moderne Bauform", die auch heute noch fast unverändert produziert wird. Gehäuselänge 3,5 cm. Freie Öffnung ca. 12 mm. Davor das zugehörige verkittete Doublett-Linsensystem. Dieses behebt die gravierendsten Farbfehler, es wirkt als Achromat.
Sehr gutes, farbreines Bild bis zum äußeren Rand des Gesichtsfelds.


Im Gegensatz zu isolierten Einzellinsen sind verkittete Systeme nur schwer als solche identifizierbar. Erst beim Anschleifen der oben abgebildeten Zeiss-Lupenoptik mit dem verkitteten Doublett zeigt sich die Grenzlinie zwischen den beiden Linsen:


[ Lupenvariationen Querschliff ]

Anschliff eines verkitteten Doubletts.
Links: der grüne Pfeil markiert die einzige Fuge in der Querschnittsebene.
Rechts: grüne Hilfslinien verdeutlichen die Linsensilhouetten in der Schliffebene.


[ Lupenvariationen 9 ]

Der Klassiker: echtes Triplett vom Steinheil-Typus (siehe unten), 10x, Linsendurchmesser 22 mm, "Made in Belarus". Schauen Sie ruhig mal auf der Landkarte nach! Einer unserer Favoriten. Auf dem Foto sind eine von zwei vorhandenen Verkittungsfugen sowie die haubenartige Umschließung der zentralen Linse durch die beidseitig aufgeleimten Randmenisken gut zu erkennen. Einziger Nachteil: die kleinen Schrauben, welche die Fassung zusammenhalten, zeigen eine ausgeprägte Tendenz zur Freiheitsliebe. Sie flüchten jedoch erfreulicherweise so langsam, daß wir sie auf halber Strecke, im doppelten Wortsinne locker, einfangen können.


[ Steinheil-Optik ]

Steinheil-Triplett (schematisch). Symmetrischer Aufbau aus drei miteinander verkitteten Linsen. Im Zentrum eine bikonvexe Linse aus niedrigbrechendem Kronglas (Normalglas), links und rechts zwei meniskusförmige Linsen aus hochbrechendem Flintglas (Bleiglas). Relativ hoher Fertigungsaufwand, hervorragende Bildqualität.


Bevor Sie nun loslegen und bei Ebay flugs eine der vielen Lupen erwerben, auf welchen das vielversprechende Wort "Triplet" geschrieben steht, möchten wir Sie auf einen unerfreulichen Begleiteffekt der Globalisierung hinweisen: Viele "Triplet"-Lupen heißen ganz einfach nur so, quasi wie ein Auto den Namen eines Südwinds tragen kann, jedoch mit diesem nicht enger verwandt sein muß. Diese Lupen enthalten leider kein dreilinsiges, echtes Triplett-Linsensystem, sondern typischerweise als einziges optisches Element einen massiven Glaszylinder, welcher an Ober- und Unterseite konvex geschliffen ist. Man kann mit ihnen durchaus die Beine einer Blattlaus zählen und sie auch auf eine botanische Exkursion mitnehmen. Die Abbildungsqualität in der Mitte des Gesichtsfelds reicht auch sicherlich für die meisten praktischen Anwendungen völlig aus.
Im direkten Vergleich punkten die echten Triplett-Konstruktionen jedoch mit einer, insbesondere im Randbereich wesentlich besseren, farbreinen Bildqualität.
Auch in anderen Fällen muß beileibe nicht immer das enthalten sein, was auf der Fassung geschrieben steht. Einen besonders krassen Fall von Etikettenschwindel haben wir z.B. hier:


[ Lupenvariationen 5 ]

Mogelpackung: ein einzelnes Glasstück (demontiert, rechts) anstatt der fünf angegebenen optischen Elemente des 20x Systems ("FIVE ELEMEMTS"). Doppeleinschlaglupe, 10x und 20x, Gehäuselänge 52 mm, in Kunststoffbox verpackt. Sehr billig, bei Ebay.

Und jetzt raten Sie mal, wieviele Elemente die gleichartig orthographisch falsch etikettierte Einschlaglupe im Bild unten links enthält. Eines?
Falsch, da sind tatsächlich fünf Linsen drin (zwei sauber verkittete Doubletts, zwei Abstandsringe und eine zentrale konvexe Linse). Wenn man sich heutzutage doch wenigstens auf seine Vorurteile noch verlassen könnte ...


[ Lupenvariationen 6 ]

Links: hoch korrigierte, verchromte Lupe mit fünf optischen Elementen (Anastigmat, 20 fach). Auffällig klein, 23 mm x 16 mm x 16 mm. Makellose Verchromung, Lederfutteral.
Rechts: Sehr guter Dreilinser (Verkittetes Dublett plus separate Einzellinse, 15 fache Vergrößerung). 32 mm x 24 mm x 24 mm. Exzellente Abbildungsqualität und großes Gesichtsfeld. Ledertasche.


Als Testobjekt für Lupen eignet sich übrigens hervorragend schwarzer Text auf weißem Grund. Die gut farbkorrigierten Systeme zeichnen auch im äußeren Drittel des Gesichtsfelds noch scharf und zeigen praktisch keine Farbsäume. Schlechte Lupen hingegen verraten sich bei diesem Test insbesondere durch breite gelbe, manchmal sogar mehrfarbige, gelbe und zusätzlich rote Farbränder an den außen liegenden Buchstabenkanten.



[ Lupenvariationen 7 ]

Originell gefaßte 10fach Lupe "Liberty #42.02", erworben bei Ebay. Linsendurchmesser 18 mm. Kam als Zwiebel mit bedruckter Karton-Außenbox, darauf ausgewiesen als "EXPORT QUALITY", eingewickelt in kunstvoll bedrucktem LIBERTY-Seidenpapier, mit goldfarbenem Siegelaufkleber "Made in India" und schönem, schwarzen Druckknopf-Etui. Bei einem derart edlen Finish wagen wir nicht mehr zu fragen, ob nun wirklich ein Triplett drin ist  ;-) schließlich erwarten wir bei Schmuckstücken normalerweise auch keine besondere optische Qualität, das wäre doch wirklich kleinkariert und unfair!


[ die ZIESS Gold ]

Noch ein typisches Internet-Angebot: die "ZIESS GOLD, GERMANY, 15 x, SERIES M" kommt per Post aus Thailand (Honni soit qui mal y pense). Die Aufbewahrungstasche jedenfalls ist mit Sicherheit keine illegitime Kopie eines deutschen Markenprodukts.


[ Lupenvariationen 9 ]

Was bei einer Lupe im Zweifel übrigens  nicht  farbig sein sollte: Das Glas!
Links: Zeiss Doublettsystem, farbrein. Rechts: Lupenlinse eines anderen Herstellers mit deutlichem Wasserfarbton.


Die Verkäufer der Lupen haben zum Teil eine eigene Sprache entwickelt, ähnlich wie die Verkäufer an Obstständen, welche ebenfalls nicht direkt zugängliche sensorische Qualitäten bewerben müssen ("mundreif und vollsaftig").
Statt Glas heißt es im Prospekt "Silikatglas" oder "Echtglas". Plastiklinsen sind natürlich grundsätzlich aus modernen, hochwertigen Kunststoffen, zumindest "asphärisch" oder doch wenigstens "besonders kratzfest", Linsen generell "präzise" oder "optisch" geschliffen. Und, wenn man noch etwas hinzufügen möchte, bezeichnet man das Produkt als "aplanatisch". Das ist nämlich eine sehr weiche Definition, unter der jeder verstehen kann, was er will. Der Laie weiß damit sowieso nichts anzufangen und es hört sich auf alle Fälle ziemlich hochwertig und wissenschaftlich an ...

Man kann es den Verkäufern nicht verdenken. Die meisten Kunden kaufen im Zweifel gerne großvolumige Lupen und schauen im übrigen nur auf die Vergrößerungsangabe, nach dem Motto: "viel hilft viel".

Den wenigsten Käufern ist bewußt, daß relativ schwach vergrößernde, z.B. 3-, 4- und 6-fache Lupen für die Mehrzahl der Anwendungen - nota bene nicht bei den Bärtierchen! - besser geeignet sind. Insbesondere 20fach- und 30fach-Optiken werden viel seltener gebraucht als man meinen könnte. Häufig ist auch nicht bekannt, daß gerade die stark vergrößernden Systeme ( > 10fach) aus physikalischen Gründen extrem kleine Linsendurchmesser und entsprechend kleine Gesichtsfelder haben müssen. Noch dazu sind sie nicht einfach zu handhaben, weil der Schärfebereich kleiner umd schwerer zu finden ist. Weil der Arbeitsabstand bei den hohen Vergrößerungen sehr gering ist und deshalb die Lupenfassung das Blickfeld abschattet, reicht häufig das zur Verfügung stehende Licht als Objektbeleiuchtung nicht aus. Die meisten Praktiker bevorzugen deshalb bei der Untersuchung biologischer Objekte aus gutem Grund eine maximal 10fache Lupe als Arbeitspferd und verwenden nur in seltenen Ausnahmefällen stärkere Systeme.

Photographen  kommen in der Regel mit niedrigeren Vergrößerungen aus. Sie wollen in erster Linie das jeweilige Negativformat vollständig überblicken und brauchen exzellente Farbtreue bei gleichzeitig geringer Verzeichnung.

Besonders bei den Lupen besteht häufig der unterschwellige Wunsch, eine Art geheimes Wundermittel zu kaufen, nicht nur im Sinne des oben genannten Gadgets, sondern als Symbol für eine intensivere Auseinandersetzung mit der Umwelt, als Werkzeug für ein besseres Verstehen duch visuelles Durchdringen. Nicht zuletzt sehen wohlmeinende Eltern und Großeltern hier eine Chance, das Kind endlich mal auf die ersehnte wissenschaftliche Linie zu bringen und via Lupe quasi einen kleinen Anteilschein auf die spätere Professoren-Planstelle zu verschaffen. Alle diese Motivationen sind nachvollziehbar und menschlich verständlich, jedoch im Hinblick auf die Kaufentscheidung eher problematisch.

Erschwerend kommt hinzu, daß manche Menschen nie etwas anderes als ein Leseglas benutzt haben und schon beim Blick durch eine Mineralogenlupe in Streß geraten. Es ist dann nicht weiter erstaunlich, daß sie die beworbenen Qualitätsunterschiede sogar bei der direkten Gegenüberstellung im visuellen Vergleich nicht erkennen.

Beim Kauf einer Lupe ist man mit den teuersten Produkten der namhaften Hersteller stets auf der sicheren Seite, muß jedoch dafür einen Privatpatientenpreis in Kauf nehmen und, sozusagen als zusätzliche Strafe für die genossene Konsumsicherheit, manchmal die Aufbewahrungstasche noch extra bezahlen.

Und jetzt werden Sie fragen: "Wo bitte bleiben die Bärtierchen?"
Sie haben völlig recht. Wir werden im nächsten Journal anhand der Belarus-Lupe zeigen, was eine 10fach Lupe an Bärtierchendetails zu zeigen im Stande ist. Diesmal ist unser Bild- und Textkontingent jedoch schon ausgeschöpft.


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© Text und Fotos von  Martin Mach